In einer Beziehung ist es wichtig, dass man nicht vergisst, dass man neben der Rolle als Teil eines Paares immer noch ein eigenständiger Mensch geblieben ist. Selbst wenn die Liebe noch so innig sein mag, es bleiben doch auch immer noch Bereiche, die man als Mensch allein bewältigen möchte und muss. Diese Tatsache sollte man akzeptieren und sich nicht in übertriebene Vorstellungen von Gemeinsamkeit und Nähe stürzen, die auf Dauer die Liebe absterben lassen.
In einer Beziehung sollte man natürlich offen miteinander umgehen und auf jeden Fall über alle Themen reden, die für beide Partner wichtig sind. Es ist aber nicht notwendig, jede kleinste innere Regung mit dem Partner zu teilen – jeder Mensch hat geheime Gedanken, Wünsche und Träume, die er mit keinem anderen Menschen teilen möchte oder muss. Das ist normal und natürlich und hat etwas damit zu tun, dass wir unser Leben lang eigenständige Wesen sind und bleiben, die ihre intimen Bereiche benötigen.
Respektieren Sie also die innere und äussere Privatsphäre Ihres Partners und drängen Sie nicht auf die völlige Transparenz eines gläsernen Menschen. Akzeptieren Sie, dass er oder sie nicht möchte, dass Sie das Tagebuch lesen, lassen Sie das Handy in Ruhe und vertrauen Sie darauf, dass Ihr Partner Ihnen alles mitteilen wird, was er oder sie für die Beziehung für wichtig hält.
Das soll kein Aufruf zur Polygamie sein, sondern eine Erinnerung daran, dass Sie in Ihrem Leben viele unterschiedliche Bezugspersonen haben, mit denen Sie jeweils eine einzigartige Beziehung verbindet. Die beste Freundin, der nette Kollege, die verschiedenen Familienmitglieder oder die Menschen, mit denen Sie ein Interesse für ein bestimmtes Hobby teilen, mit allen haben Sie eine besondere Beziehung.
Und diese Menschen sollten nach wie vor die Gelegenheit bekommen, Sie nach der Hochzeit immer noch auch als Einzelperson zu sehen und nicht immer nur als Teil eines Doppelpacks. Natürlich ist es toll, wenn Sie sich mit Ihrer Freundin und deren Partner zu viert treffen, aber die Termine zu zweit sollten diese Gruppentreffen nicht völlig ersetzen.
Zudem sollten Sie auch nicht vergessen, dass ein einzelner Mensch – sei er auch der Traumpartner – nie alle Erwartungen erfüllen kann, die wir an menschliche Beziehungen stellen. Der Vater ist vielleicht der Mentor, der der Partner nicht ist, mit der besten Freundin kann man sich so austauschen, wie es mit einem Mann nie gehen würde, der beste Kumpel bietet eine einzigartige Weise des instinktiven Verständnisses. Berauben Sie sich beide also nicht der Vielfalt des menschlichen Miteinanders, indem Sie auf zu viel Nähe beharren und sich und den Partner einengen.
Unternehmen Sie ruhig etwas allein, wenn Ihr Partner sich für Ihr Interessengebiet nicht interessiert. Ist er ein Oldtimerfan und möchte unbedingt auf diese tolle Messe fahren, so lassen Sie ihn ziehen –er wird allein oder mit einem Gleichgesinnten mehr Spass haben als mit Ihnen, wenn Sie mit der gelangweilten Miene einer Märtyrerin hinter ihm her trotten. Und scheuen Sie sich nicht, mit Ihrer Freundin in das Jazzkonzert zu gehen, wenn er nun einmal nur klassische Musik mag.
Ein Verzicht auf solche eigenständigen Unternehmungen birgt das gefährliche Potenzial in sich, dass Sie den verpassten Gelegenheiten hinterher trauern und sich so Gefühle der Frustration und des Grolls aufbauen, die irgendwann Überhand nehmen können. Und dann wirft man sich gegenseitig an den Kopf, auf was man alles für den Partner verzichtet hat und wie wenig dieser das zu schätzen weiss.
Zudem bewirkt so eine kurzfristige Trennung auch, dass man sich wieder viel deutlicher bewusst wird, wie sehr man den Partner schätzt. Erst wenn er oder sie einige Zeit nicht da ist, merkt man wieder, welch wichtiger Bestandteil im Leben er oder sie ist – und dass die gegenseitige Liebe keine Selbstverständlichkeit ist. Das Wiedersehen wird dann umso inniger sein, wenn man auf die Nähe des anderen verzichten musste.
Bilder: iStockphoto.com - ID 12982760 - isitsharp
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