Wer sich einem Keuschheitsgelübde unterwirft, gilt heute als nicht zeitgemäß. Was bedeutet Keuschheit vor der Ehe heute und warum entscheiden sich junge Menschen dazu, sich bis zur Hochzeit aufzusparen?
Promis wie Justin Bieber, Miley Cyrus, Britney Spears und Selena Gomez trugen ihn: den Purity-Ring, der Keuschheit signalisiert. Sie orientierten sich an der Keuschheits-Bewegung, die in den 1990er-Jahren in den Vereinigten Staaten ihren Ursprung hat. “Halt, Moment“, werden Sie jetzt vielleicht denken. Kein Sex vor der Ehe, stammt das nicht aus der Bibel? Was steckt eigentlich wirklich dahinter und ist der Ansatz überhaupt noch zeitgemäss? Der Beitrag liefert Antworten auf diese Fragen.
Zunächst einmal sei gesagt, dass Sex im heutigen Sinne mit dem Sex, der in der Bibel gemeint ist, nicht zu vergleichen ist. Wenn heute zwei erwachsene Menschen aufeinandertreffen und sich selbstbestimmt zu einer lustvollen körperlichen Begegnung entscheiden, hat dies nichts mit dem zu tun, was die Bibel im Sinn hat, wenn sie das Thema anspricht. Für sie geht es um die Konsequenzen, die Sex ausserhalb der Ehe auf das gesellschaftliche Zusammenleben hat.
Was die Bibel als Sex bezeichnet, ist technisch gesehen nicht nur die körperliche Vereinigung, sondern jede Form von Intimbeziehung. Wenn Sie die Bibelverse und Psalme daraufhin prüfen, werden Sie so manch scharfe Verurteilung finden. Ehebruch wird mit Mord gleichgesetzt, Sex vor der Ehe ( bzw. ausserhalb einer vor Gott geschlossenen Ehe) gilt als schwerwiegende Sünde.
Doch das Alte Testament kennt unsere heutige Auffassung einer modernen Ehe nicht. Im 6. Gebot steht zwar sinngemäss, dass Christen kein Ehebruch begehen sollen. Doch der Begriff "Ehe" hat im Alten Testament die Bedeutung von Familie oder Haus, nicht von Ehe, wie wir sie heute begreifen. An der Spitze einer Familie bzw. eines Hauses stand damals der Mann. Töchter und Ehefrauen betrachtete er als Eigentum. Erst das Neue Testament würdig die Tatsache, dass eine Ehe eine stabile Beziehung ist, die im besten Fall ein Leben lang hält.
Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Einträgen in der Bibel, die sich mehr oder weniger mit dem Bereich Sex vor der Ehe bzw. kein Sex ausserhalb der Ehe beschäftigen.
Im 2. Buch Mose heisst es sinngemäss:
Wer ein Jungfrau, die zudem alleinstehend ist, verführt, soll sie heiraten und den Brautpreis bezahlen. Sollte der Vater der Jungfrau den Verführer als Schwiegersohn ablehnen, muss dieser trotzdem den Brautpreis zahlen. Danach ist die Angelegenheit vergessen. Es geht also weder um die Ehre der Frau, noch um die Beziehung zu Gott, sondern um wirtschaftliche Entschädigung und gesellschaftliche Regeln des Zusammenlebens. Das ist ziemlich ernüchternd, doch es zeigt, dass Sex damals und heute höchst unterschiedlich betrachtet wurden.
Es ist richtig, dass in vielen Kulturen Sex zwischen unverheirateten erwachsenen Menschen akzeptiert wird. Auch gibt es viele Menschen, die sexuelle Kontakte zwischen Minderjährigen tolerieren und in Ordnung finden. Die Bibel hat für sexuelle Kontakte, die nicht innerhalb der vor Gott geschlossenen Ehe stattfindet, unter anderem dieses Wort: Hurerei. Gott erwartet von gläubigen Christen, dass sie sich der Hurerei enthalten, somit kein Sex ausserhalb der Ehe haben. Wer es trotzdem tut, begibt sich moralisch auf eine Stufe mit denen, die trinken, morden oder Diebstahl begehen. Dies ist eine wirklich schwerwiegende Sünden-Kategorie. Die Bibel sagt, dass Gott Hurer richten wird.
Positiv ausgelegt bedeutet der Verzicht auf Sex vor der Ehe, dass Christen damit ihre Liebe zu Gott nach aussen demonstrieren. So formuliert klingt das schon viel zeitgemäßer und akzeptabler.
Wer in der Bibel eine Orientierung sucht, die den Umgang mit einer modernen Ehe in der heutigen Zeit erleichtert, wird Schwierigkeiten haben. Die Bibel ist in diesem Punkt nicht up-to-date und es ist praktisch gesehen ausgesprochen schwierig, Stellen zu finden, die ganz explizit das Thema Sex vor der Ehe behandeln, wie wir es heute betrachten.
Dennoch ist die Bibel hilfreich im Umgang mit sich selbst und anderen Menschen. Niemand darf zum Objekt der Begierde degradiert, seiner Würde beraubt, gedemütigt oder zu sexuellen Aktivitäten gezwungen werden, die körperlichen oder psychischen Schaden anrichten können. Modern ausgelegt könnte man es so umschreiben: Zwischen gläubigen Christen ist Sex eine freiwillige und respektvolle Begegnung. Dies gilt in der heutigen Zeit selbstverständlich mit und ohne Trauschein.
Es gibt auch heute Paare, die Sex vor der Ehe ausschliessen. Jungfrau bleiben bis zur Hochzeit, das ist das Ziel. Dahinter steckt der Wunsch, sich bewusst für einen einzigen Menschen zu entscheiden. Es geht oftmals gar nicht so sehr um Sünde oder Bibeltreue. Dahinter stecken oft ganz andere Gedanken.
"Ich will Sex nicht nur ausprobieren und ich will auch nicht, dass jemand an mir ausprobiert, ob ihm Sex gefällt. Dazu ist die Sache zu wichtig. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass ich nur dann mit jemandem Sex habe, auf den ich mich ganz und gar einlassen will. Dasselbe erwarte ich auch von meinem Partner, eine bewusste Entscheidung nur für mich.“
Die deutsche Jugendstudie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stellte fest, dass viele junge Menschen erst dann mit jemandem Sex haben wollen, wenn sie überzeugt sind, die richtige Person gefunden zu haben. Dies gilt selbst heute noch, obwohl über das Internet ein direkter Zugang zum Thema Sex sehr einfach geworden ist. Junge Menschen finden, dass unbedachter Sex seine Spuren in der Seele hinterlässt. Sie erkennen den Wert einer innigen Beziehung und sind überzeugt, dass die körperliche Ebene die Bindung festigt, sie aber nicht automatisch dominiert.
Angenommen, es ist gelungen, den Sex bis zur Hochzeitsnacht aufzusparen. Doch das erste Mal ist gar nicht schön und auch die folgenden Male verlaufen alles andere als befriedigend. Was ist, wenn die Ehepartner auf sexueller Ebene nicht harmonieren? Ist die Ehe dann nicht zum Scheitern verurteilt?
Menschen, die damit Erfahrung haben, sehen die Sache so: Man heiratet in erster Linie nicht, um Sex zu haben. Sex ist ein Bestandteil der Ehe, doch er ist nicht der Hauptbestandteil. Wie vieles in einer Beziehung benötigt auch der Sex Zeit, um sich zu entwickeln. Er verändert sich über die Jahre, sein Stellenwert schwankt. Die Ehepartner müssen lernen, mit der Situation umzugehen und sich aufeinander einzustellen. Jeder muss auf sich selbst und auf den anderen aufpassen. Der respektvolle Umgang miteinander (innerhalb und ausserhalb des Ehebettes) ist einer der unverzichtbaren Grundpfeiler, auf dem eine glückliche Ehe ruht.
Bilder: Pixabay.com - Artist and Zabiyaka
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