Hochzeit 60+: Wenn Senioren heiraten

 

Vom Beduinenzelt in die Schweizer Alpen und dann mit Vollgas ins Glück. Wenn sich zwei Menschen spät im Leben finden, dann darf es ruhig ein ausgefallenes Fest sein – besonders, wenn zwei Nationalitäten aufeinandertreffen. Oder mögen Sie es etwas dezenter, lieben das stilvolle Ambiente und wünschen sich einen königlichen Rahmen? Dann sind Sie in bester Gesellschaft. Der vorliegende Bericht liefert zwei Beispiele von Hochzeiten 60+, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

älteres Paar

Späte Liebe, großes Glück - Heiraten im Seniorenalter? Ja bitte!

Wenn Senioren heiraten, so ist das inzwischen nichts Ungewöhnliches mehr. Rein statistisch betrachtet gibt es nämlich gerade in Städten ab Mitte 40 wieder überproportional viele Alleinstehende. Und die suchen meistens einen neuen Partner. Wer nach einer ersten oder zweiten gescheiterten Ehe noch einmal den Bund fürs Lebens eingeht, der weiß genau was er tut. Aber auch „Spätberufene“, also diejenigen, die erst nach Überschreiten der statistischen Lebensmitte zum ersten Mal den Bund der Ehe schließen, gehören dazu.

Liebe kennt keine Altersgrenze

Wenn zwei Menschen in reifen Jahren heiraten, stehen die Prognosen nicht schlecht auf eine Verbindung bis zum Lebensende. Denn mit zunehmender Reife wägen Menschen sorgfältig ab, was dafür und was dagegenspricht. Ein ausgesprochen guter Grund, um zu heiraten, ist selbstverständlich die Liebe. Wenn es tatsächlich gelingt, auch in der zweiten Lebenshälfte einen passenden Partner zu finden, dann halten viele dieses Glück mit beiden Händen fest. Doch es gibt auch Vernunftgründe, die für eine Ehe sprechen. Es geht um Absicherung, um finanzielle Rahmenbedingungen, aber auch um den Gedanken, bei Gebrechlichkeit und Krankheit im Alter nicht alleine zu sein.

Rauschende Ballnacht oder nüchterner Verwaltungsakt: Wie heiraten Senioren?

Je nachdem, aus welchen Gründen zwei Menschen heiraten und abhängig von der persönlichen Ebene dieser Verbindung, lassen sich die Hochzeitsfeierlichkeiten unterschiedlich gestalten. Fest steht, dass sich niemand mehr etwas vormachen muss und dass jedes Brautpaar, übrigens egal in welchem Alter, zu sich, zu seinen Gefühlen und zu seinen Wünschen stehen sollte. Senioren fällt das viel leichter, als jungen und unerfahrenen Bräuten nebst ihrer zukünftigen Ehemännern. Und aus diesem Grund gibt es sehr unterschiedliche Hochzeiten. Sie reichen von extravagant bis dezent, von klassisch in Weiß bis hin zu schillernd bunt.

Weißes Brautkleid für die Braut 50+?

An dieser Frage scheiden sich die Geister konventioneller Befürworter einer Ehe und lebenserfahrener Menschen. „Wieso nicht?“ lautet nicht selten die Antwort auf die Frage, ob ein weißes Kleid für eine Braut über 50, 60 oder 70 angemessen ist. In erster Linie gilt, „erlaubt ist was gefällt“. Ob nun ein weit ausgeschnittenes Corsagenkleid für eine Frau Mitte 60 die richtige Wahl ist, das hängt nicht nur von ihrer Figur, sondern auch von ihrer Lebensgeschichte und von ihrer Persönlichkeit ab. Wenn eine Frau zum ersten, zweiten oder dritten Mal heiratet und partout den Wunsch hegt, ein weißes Kleid zu tragen, wer will ihr das verwehren?

Das Alter sollte bei dieser Frage keine Rolle spielen. Alleine das Gefühl und die Sicht der Braut sind ausschlaggebend. Wichtig ist, dass sie sich wohl fühlt und den Tag in ihrem Traumkleid genießen kann.

Die dezente Zeremonie – Stilvolle Hochzeit im Grünen

Eine dezente Hochzeit eines Brautpaares in der zweiten Lebenshälfte könnte so ablaufen, wie die Geschichte von Johannes (68) und Katharina (65). Die beiden haben ihre Hochzeit in einem versteckt liegenden Schloss gefeiert.

„Wir haben uns viel Zeit gelassen, den richtigen Ort zu finden. Wir hatten ja keine Eile,“ lacht Katharina. „Und als wir dieses Schloss gesehen haben, da war es um uns geschehen. Es ist klein, bis aufs i-Tüpfelchen restauriert und der Park traumhaft schön.“

Die Location: Ein Schloss im Grünen

Der weitläufige Park beherbergt unzählige uralte Bäume und das cremefarben angestrichene Schlösschen fügt sich gefällig in die Umgebung ein. Eine gepflegte Auffahrt, zwei kleine Gästehäuser im Park, eine Orangerie, lichtdurchflutet und hell. Der Anblick dieses herrschaftlichen Anwesens ist wahrhaftig beeindruckend. Gefeiert hat das Brautpaar in der Orangerie. Diese wirkt alleine durch das aufwendig restaurierte Parkett, die feine Stuckdecke und die edlen Kronleuchter schon ohne Möbel ausgesprochen einladend. Die Orangerie ist von drei Seiten mit deckenhohen Flügeltüren versehen, sodass man das Gefühl hat, direkt im Park zu sitzen.

Katharina und Johannes haben vor der Orangerie im Park blumengeschmückte Tische platzieren lassen, auf denen Kaffee und Kuchen bei Vogelgezwitscher serviert wurde – natürlich von Dienern im Livre. Die Hochzeitsgesellschaft war nicht allzu groß, insgesamt 35 Personen inklusive Pfarrer und Trauzeugen waren anwesend. Mehr hätte die kleine Kapelle auf dem Gelände auch gar nicht fassen können.

„Wir wollten unter uns bleiben, es familiär halten“, sagt Johannes. „Aber es sollte schon stilvoll zugehen. Immerhin habe ich in meinem aktiven Arbeitsleben alte Gemäuer restauriert und liebe es, mich in ihnen aufzuhalten. Dieses Schlösschen ist perfekt für uns, in vielerlei Hinsicht.“

Kleines Budget mit großer Wirkung

Das Budget für die Hochzeit war nicht allzu üppig, die Rente der beiden Pensionäre ist überschaubar. Aber die Feier in dem Schloss, das von einem Verein in Trägerschaft verwaltet wird, ließ sich durchaus finanziell stemmen. Die glückliche Katharina holt die Fotos hervor und zeigt, welches Kleid sie für den großen Tag ausgewählt hat. Katharina ist eine schlanke, große Frau, die ihre silberblonden Haare zu einem Knoten aufgesteckt trägt. Sie hat sich für ein lindgrünes, knielanges Kostüm entschieden, das ihre Figur schmeichelt. Es ist aus glänzendem Chintz mit hellen Absteppungen am Revers und am Saum. Die Schuhe sind in einem passenden Farbton gehalten und sie trägt einen kleinen, cremefarbenen Blumenstrauß in den Händen. Auch der Schmuck passt zum Hochzeits-Outfit, dessen Rock sie auch heute noch zu festlichen Anlässen trägt. Ohrringe und Halskette sind in grünem Opal gefertigt.

„Grün ist meine Farbe. Ich liebe die Natur und Johannes hat mir den Schmuck im letzten Jahr geschenkt. Auch deshalb gab es für mich keine Frage, wie meine Hochzeitskleidung aussehen soll. Grün, grün, grün!“ Ihre Augen strahlen und funkeln um die Wette mit Ihrem Ehering, der – wie könnte es anders sein – einen leuchtend grünen Stein einfasst.

Kunterbunt und lebenslustig: afrikanische Trommeln in den Bergen

Die Hochzeit von Lorenzo und Malaika hat eine ganz besondere Vorgeschichte. Sie reicht einige Jahrzehnte zurück und beginnt in einer afrikanischen Wüste. Dort treffen sich die beiden in einer Forschungsstation und verlieben sich Hals über Kopf ineinander. Malaika ist Studentin, Lorenzo Ingenieur mit beruflich hochfliegenden Plänen. Die Liebe zerbricht am beruflichen Engagement Lorenzos. Sie bleiben viele Jahre lose in Kontakt, heiraten beide einen anderen Partner. Lorenzo lässt sich mit Anfang fünfzig scheiden, Malaikas Mann stirbt bei einem Verkehrsunfall. Nach gut 40 Jahren treffen sie sich in der Schweiz auf einem Kongress wieder. Malaika ist inzwischen 60 Jahre alt, Lorenzo knapp an die 65. Es sollte der letzte Kongress in seinem Berufsleben sein und ausgerechnet dort begegnet er seiner Jugendliebe. Kurzum: Die beiden finden sich und wollen einander nie wieder gehen lassen. Sie wollen unbedingt heiraten und zwar mit allem, was aus beiden Welten dazugehört.

Farbenfroh und köstlich scharf: Wenn Afrika auf die Schweiz trifft

Das Fest von Malaika und Lorenzo war ein Freudenfest par excellence. Ein buntes Feuerwerk der Farben, Geschmacksexplosionen auf dem Teller und überschäumende Reden in 3 verschiedenen Sprachen. Dass Malaika dabei traditionelle, afrikanische Hochzeitskleidung trug, rundete den multikulturellen Charakter der Hochzeit ab. Geheiratet haben die zwei in einer heimeligen Holzstube in Laax, die Feier fand in einem Lokal an einem nahegelegenen See statt.
Die Gästeliste war enorm lang, das Lokal zum Bersten voll. Malaikas traditionelle Hochzeitskleidung war mit typisch schweizerischen Accessoires eine sehenswerte Mischung. Gemäß der Tradition „etwas Altes, etwas Geliehenes, etwas Blaues und etwas Neues“ trug sie

  • die alte Kette ihrer Mutter,
  • geliehene Handschuhe ihrer Schwägerin,
  • blauen Haarschmuck und
  • neue Schuhe.

Und in einem Schuh lag natürlich einen Rappen, genauso wie bei Lorenzo. Zur Überraschung Malaikas spielte die Schweizer Dorfkapelle afrikanische Rhythmen und drei ihrer temperamentvollen Nichten und ihre Enkelin gaben traditionelle afrikanische Tänze zum Besten. Als zum Schluss der Darbietung Malaikas Brüder die Trommeln hervorholten und die Schweizer Kapelle unterstützen, flossen die Tränen - nicht nur bei Malaika, sondern bei vielen Gästen, die mit dem glücklichen Brautpaar mitfühlten.

Die Hochzeit ist das persönlichste Fest eines Paares

„Das war das schönste Fest, das ich mir vorstellen konnte. Alle meinen Lieben aus der Heimat waren mit dabei, sie gönnen mir das zweite Glück mit Lorenzo – das ist nicht selbstverständlich. Ich bleibe ja bei Lorenzo in der Schweiz und die Hochzeit war ein Abschied von Afrika für lange Zeit.“

Auch Lorenzo ist glücklich, wenn er auf die Frau an seiner Seite blickt. „So sind wir. Wir gehen aufeinander zu und finden eine Möglichkeit, scheinbar Unvereinbares zu verbinden. Wer sagt denn, dass Schweizer keine afrikanischen Volkstänze können? Meine Schwager trinken beide ja schließlich auch Südtiroler Nusseler. Unsere Hochzeit war wie Fladenbrot mit Schokolade, wie Coeur Pur Beurre mit Pfeffersoße, wie würziger Couscous zum Milchkaffee.“

Lorenzo rückt sich die Krawatte zurecht, auf der bei genauerem Hinsehen kleine Kamele zu erkennen sind. Er schmunzelt und zwinkert mit den Augen. „Wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dass Toleranz und Akzeptanz die Grundpfeiler einer funktionierenden Beziehung sind. Wir stehen zueinander und haben einen Konsens für unser gemeinsames Leben gefunden, hier oben in unserem Schweiz-Afrika.“

Dem ist wirklich nichts mehr hinzuzufügen und es bleibt nur, Malaika und Lorenzo, Katharina und Johannes und allen anderen glücklichen Brautpaaren 60+ ganz viel Glück auf ihrem gemeinsamen Lebensweg zu wünschen.

 
 

Bilder: Pixabay.com - ID 50309 - ArtTower

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